Einsatz von Leiharbeitern im Streik: Was Unternehmen beachten müssen, ArbG Köln Urteil 19 Ga 86/24

Sachverhalt

Die Gewerkschaft (Verfügungsklägerin) führte mit dem Unternehmen (Verfügungsbeklagte), das das Unternehmens- und Transparenzregister im Auftrag des Bundes betreibt, eine Tarifauseinandersetzung mit begleitenden Arbeitskampfmaßnahmen durch. Vom 09.12. bis 13.12.2024 rief die Gewerkschaft zu einem Streik auf. Die Verfügungsbeklagte setzte während dieses Streiks weiterhin Leiharbeiter ein.

Die Gewerkschaft beantragte im einstweiligen Rechtsschutz, der Verfügungsbeklagten den Einsatz von Leiharbeitern während des Streiks zu untersagen – gestützt auf das Verbot des § 11 Abs. 5 AÜG.

Entscheidung des Gerichts

Das gesetzliche Verbot Leiharbeiter als Streikbrecher einzusetzen

Nach § 11 Abs. 5 Satz 1 AÜG ist der Einsatz von Leiharbeitern in einem bestreikten Betrieb verboten, wenn sie Tätigkeiten übernehmen, die streikbedingt nicht ausgeführt werden.

Der Gesetzgeber will damit verhindern, dass der Arbeitskampf durch externe Kräfte „unterlaufen“ wird. Die Vorschrift schützt nicht nur Leiharbeiter selbst, sondern dient vor allem dem Schutz der Koalitionsfreiheit der Gewerkschaften (Art. 9 Abs. 3 GG). Das Streikrecht soll wirksam bleiben und darf nicht durch den Einsatz externer Arbeitskräfte entwertet werden.

Die Ausnahmen: § 11 Abs. 5 Satz 2 AÜG

Das Verbot gilt nicht absolut. Ein Einsatz ist ausnahmsweise zulässig, wenn der Arbeitgeber sicherstellt, dass:

  • die Leiharbeiter keine Tätigkeiten übernehmen, die von streikenden Beschäftigten verrichtet wurden
  • und sie nicht mittelbar solche Aufgaben ausführen, die durch andere als Ersatz für Streikende übernommen wurden

Diese Ausnahmevoraussetzungen erfordern konkrete betriebliche Vorkehrungen und eine belastbare Dokumentation. Der Arbeitgeber muss darlegen und beweisen, dass der Einsatz der Leiharbeiter nicht streikbeeinträchtigend ist.

Bewertung im konkreten Fall

Die Verfügungsbeklagte konnte keine hinreichend klare Einsatztrennung oder Dokumentation vorlegen, aus der ersichtlich wäre, dass Leiharbeiter nicht (mittelbar oder unmittelbar) Tätigkeiten von Streikenden übernahmen. Pauschale Aussagen über Einsatzbereiche und Schulungen reichten nicht aus.

Damit lag ein Verstoß gegen § 11 Abs. 5 Satz 1 AÜG vor.

Prozessuale Entscheidung

Trotz dieses materiellrechtlichen Verstoßes wies das Gericht die Klage aus formellen Gründen ab:

  • Der Unterlassungsantrag war auf die Vergangenheit gerichtet – ein rechtlich unzulässiges Begehren.
  • Der Antrag war zudem zu unbestimmt, da er im Wesentlichen den Gesetzeswortlaut wiedergab, ohne das konkrete Verhalten hinreichend einzugrenzen.

Das Gericht sah daher kein rechtlich schutzwürdiges Begehren, obwohl ein Unterlassungsanspruch dem Grunde nach bestanden hätte.

Fazit für Unternehmen

Der Einsatz von Leiharbeitern während eines Streiks ist rechtlich nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zulässig. Unternehmen müssen organisatorisch und dokumentarisch klar nachweisen können, dass Leiharbeiter keine Tätigkeiten von streikenden Beschäftigten übernehmen – weder direkt noch indirekt. Pauschale Behauptungen oder grobe Einsatzpläne reichen nicht aus. Ohne eine klare Trennung und belastbare Nachweise drohen nicht nur rechtliche Konsequenzen wie einstweilige Verfügungen oder Bußgelder, sondern auch ein erheblicher Reputationsschaden. Unternehmen sollten sich daher frühzeitig arbeitskampffest aufstellen und auf den Einsatz von Leiharbeit während eines Streiks in kritischen Bereichen möglichst verzichten.

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